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L100 Friedrichstraße, Wernigerode

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Informationsstelle Radverkehrsqualität: Stellungnahme 2

Einmündung Goethestraße, Radfahrerfurt


1. Eckdaten:

    1. Landkreis:

Harz

    1. , Ort:

Wernigerode

    1. Straßenbezeichnung:

L100 (Landstraße) Ortsdurchfahrt

    1. Straßenlage:

Im Südwesten der bebauten Stadt, auf der Strecke zwischen Wernigerode und Schierke.

    1. Straßenname:

Friedrichstraße

    1. Durchschnittliche tägliche Verkehrsstärken (DTV / 24h) für Kfz gesamt und Schwerverkehr (SV):

L 100 [Wernigerode (B 244) – OE Wernigerode] DTV Kfz 24 h: 7752 / DTV SV /24 h: 298 (2010)

    1. Bauabschnitt:

1.1-2, 03/2011-08/2012

     (1 Kilometer)
    1. Abschnitt:

BA 1.1 (Brückengasse – Westerntorkreuzung) Bauzeit: Sept. 2011 – Aug. 2012 (528 m)

    1. Abschnitt:

BA 1.2 (Kirchstraße – Brückengasse) Bauzeit: März-Sept. 2011 (ca. 470 m)

    1. Baukosten:

ca. 4 Million Euro (BA 1.1 + 1.2)

    1. Abschnitt:

BA 2 Hochschule Harz Bauzeitraum: 2004-2005 (ca. 780 m)

    1. Gesamtlänge:

ca. 1.78 km

Kurzlink zur Karte: http://goo.gl/maps/1jMzH

2. Bestandsaufnahme
2.1 Grundhafter Ausbau Friedrichstraße
Ab der Westerntorkreuzung (Ilsenburger Straße [B244]/Salzbergstraße [B244])steigt die Friedrichstraße Richtung Südwesten langsam an. Der gesamte Bauabschnitt befindet sich im lockeren Einfamilienhaus- Siedlungsbereich. Das Straßenverkehrsaufkommen ist moderat, mit überwiegend Pkw-Verkehr. Örtliche (Nah-)Ziele sind die Hochschule Harz und die Jugendherberge auf Höhe der Straße „Am Eichberg“ sowie die Grundschule „August Hermann Franke„. Die Friedrichstraße wird von Omnibussen mit jeweils fünf Bushaltestellen zumeist mit Wartehäuschen in beiden Fahrtrichtungen bedient.
Der Bau der ersten zwei Bauabschnitte (BA 1.1 und 1.2) in der Friedrichstraße im Südwesten von Wernigerode ist gerade frisch abgeschlossen. Die neuen Anlagen sind mit hochwertigen Materialien qualitätsvoll durchgeführt, leider wurde aber der Erschließung ein falsches Konzept, was die Sicherheit und den Komfort des Radverkehrs angeht, zugrunde gelegt. Dies ist womöglich durch falsche finanzielle Anreize des Landes verursacht worden.

2.2 Förderpolitik des Landes bzw. LSBB
Es wird uns mitgeteilt, dass das Lande die grundhafte Sanierung der Friedrichstraße förderte und nur wenn Radverkehr und Fußgänger sich die gleiche Fläche teilen, ist man bereit gewesen, den Geh-/Radweg ebenfalls zu einem hohen Prozentsatz mit zu fördern. Die Stadt Wernigerode, wie viele Kommunen mit einem engen Haushalt, hatte hier wenig Gestaltungsmöglichkeiten. Sie hat aus Kostengründen heraus beschlossen, dass Radfahrer und Fußgänger sich die gleiche Fläche teilen müssen. Dem folgte die Entscheidung, durch das Verkehrszeichen 240 einen „Gemeinsamen (benutzungspflichtigen) Geh- und Radweg“ auszuweisen. Diese verkehrsrechtlich Anordnung bringt viele Probleme mit sich und wirkt sich negativ auf die die Situation des Radverkehrs aus. Die Anlage, die mit viel Mühe und viel Geld gebaut wurde, gefährdet und bremst Radfahrer.

2.3 Anordnung der Benutzungspflicht
Die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) definiert Belastungsbereiche („Zuordnung der Führungsformen zu den Belastungsbereichen bei Stadtstraßen“ (ERA 2010/18, Tabelle 8)), um die Führungsform für den Radverkehr zu ermitteln. Bei Tempo 50 und einer Belastung von 300-550 Kfz/h (berechnet anhand eines Diagramms („Belastungsbereiche zur Vorauswahl von Radverkehrsführungen bei zwei streifigen Stadtstraßen“ (ERA 2010/19, Bild 7)) wird der Friedrichstraße Belastungsbereich 1 (die niedrigste Stufe) zugeordnet. Es handelt sich um Mischverkehr mit Kraftfahrzeugen auf der Fahrbahn, wo benutzungspflichtige Radwege auszuschließen sind. Analog der Verkehrszählung von 7.752 Kfz/24 Std. = 323 Kfz/h liegt die Friedrichstraße deutlich im unteren Bereich. Zudem soll eine Benutzungspflicht (BVG Urteil: BVerwG 3 C 42.09) nur dort angeordnet werden, wo eine besondere Gefahrenlage entsteht. In der Friedrichstraße ist eine solche Gefahrenlage nicht erkennbar. Im Gegenteil das Fahren auf dem gemeinsamen Fuß- Radweg ist unter Umständen (siehe unten) gefährlicher als das Fahren auf der Fahrbahn. In diesem Sinne wird die Anordnung der Benutzungspflicht vom ADFC als rechtswidrig beurteilt.

2.4 Konflikte statt Miteinander
Stadtauswärts steigt die Friedrichstraße langsam an, wodurch der Radfahrer sich zumeist weit unter der Tempo 30 Marke bewegt. In der Gegenrichtung, stadteinwärts, wird der Radfahrer ebenfalls gezwungen den Gehweg zu teilen und statt einen flotten Downhill zu genießen, muss er sich an die Geschwindigkeit des Fußgängerverkehrs anpassen. Schrittgeschwindigkeit ist nicht präzise definiert, aber das menschliche Schritttempo liegt bei ca. 3,6 km/h. (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Schritttempo, gelesen 09.10.2012) – die Fortbewegung der Radfahrer wird deutlich gedrosselt, dies stellt eine erhebliche Zumutung dar und ist mit Gefahren verbunden.
Durch die Gestaltungsweise „Gemeinsamer Geh- und Radweg“ lauern hier unakzeptable Gefahren für den Radfahrer und der Fahrkomfort wird auf unnötige Weise stark eingeschränkt. Gar nicht zu reden von den Gefahren für sehbehinderte Menschen: sie finden auf ihrem Fußweg keine taktile Führung und können Radfahrern nicht aus dem Weg gehen.

2.5 Öffentlichkeitsarbeit der MLV zur Friedrichstraße
In der Pressemitteilung des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr (MLV) zur Friedrichstraße ist immer die Rede vom Bau von Geh- „und“ Radwegen: „Bei der grundhaften Sanierung werden unter anderem die Geh- und Radwege, […] erneuert.“ [PM Daehre 2010]. Im Nachhinein ist der MLV überzeugt, dass Geh- „und“ Radwege tatsächlich entstanden sind: „Im Zuge des Straßenausbaus sind u.a. auf beiden Seiten der Fahrbahn Geh- und Radwege entstanden, […]“ [PM Webel 2012]. Die Wirklichkeit sieht anders aus: Statt baulich getrennter Geh- und Radwege sind Radfahrern und Fußgängern ein und dieselbe Fläche zugeordnet. Hier wäre zukünftig eine präzisere Auskunft wünschenswert.

Nachfolgend wird den kritischen Punkten im Einzelnen nachgegangen:

3. Gefahrenstellen 
3.1. Versteckte Grundstücksausfahrten
Da die Friedrichstraße durch ein Wohngebiet verläuft, gibt es mehrere versteckte Grundstücksausfahrten, ja sogar Haustüren, die direkt auf den Gemeinsamen Geh- und Radweg münden.

Friedrichstraße (Ost), neben Ausfahrten öffnen Haustüren direkt am Weg

3.2. Versteckte Straßeneinmündungen
Da Radfahrer den Gemeinsamen Geh- und Radweg benutzen müssen, werden sie an jeder Straßeneinmündung (z.B. stadteinwärts: Lutherstraße – Kirchstraße – Blochplatz – Brockenweg – An der Malzmühle und stadtauswärts: Goethestraße – Mönchstieg – Brückengasse – Am Eichberg) abgebremst, weil die gegenseitigen Sichtverhältnisse zwischen dem Benutzer des Gemeinsamen Geh- und Radwegs und der einmündenden Straße für motorisierte wie nicht-motorisierte Verkehrsteilnehmer deutlich schlechter als bei einer Führung auf der Fahrbahn sind. Die ERA (2010, 27) gibt deshalb vor, dass die gemeinsame Führung von Fußgänger- und Radverkehr bei zahlreichen untergeordneten Knotenpunkt- und Grundstückszufahrten sowie bei beengten Verhältnissen auszuschließen ist.

Einmündung Blockplatz und Haltestelle Kindergarten

3.3. Engstellen – insb. mit wartenden Fahrgästen
Durch Straßenmöbelierung (Mülltonnen/Masten) bzw. Gestaltung von Omnibuswartehäuschen, z.B. an der Haltestelle „Hochschule Harz“, auf dem Gemeinsamen Geh- und Radweg sind Konflikte mit wartenden Fußgängern vorprogrammiert.

Haltestelle Hochschule Harz (Engstelle)

 

Haltestelle Hochschule Harz (viele Fahrgäste)

Hier hält ein Bus (Linien 1 und 4) zwei Mal pro Stunde (30 Mal pro Tag) an jeder Haltestelle. Mit fünf Haltestellen (Lutherstr.- Hochschule Harz – Kirchstr. – Gasthaus Quelle – Kindergarten) und zwei Richtungen ergeben sich in diesem Abschnitt der Friedrichstraße rund 290 Omnibusbewegungen pro Tag (plus Linie 5 = 345) und 345 Zeitpunkte, zu denen sich Fußgänger für 5-15 Minuten auf dem Weg aufhalten und die Durchfahrt von Radfahrern behindern. Gemäß den ERA (2010, 27) ist die gemeinsame Führung von Fußgänger- und Radverkehr bei stärker frequentierten Bushaltestellen in Seitenlage ohne gesonderte Warteflächen auszuschließen. In der ERA stehen detaillierte Lösungen für die Gestaltung von Bushaltestellen (ERA 2010, 31-34) auch bei sehr geringer Flächenverfügbarkeit (< 4,60 m). An der Haltestelle Lutherstraße beträgt die Gesamtbreite des Weges (einschließlich der 0,8 m tiefen Seitenwand des Wartehauses) maximal 2,5 m (also ungefähr die Hälfte dessen, was der ERA als „sehr gering“ betrachtet). In solchen Fällen schlägt der ERA vor, die Gestaltung einer Mischverkehrsfläche mit VZ 239 „Gehweg“ mit dem Zusatzeichen 1022-10 „Radfahrer frei“ (ERA 2010, 34) auszuführen. Auf einem gemeinsamen Fuß- Radweg sieht der ERA die Hervorhebung des Haltestellenbereichs durch Materialwechsel vor – leider wird auch diese Empfehlung an der HS-Lutherstraße nicht verfolgt.

Haltestelle Lutherstraße (Konfliktstelle)

3.4 Ruhender MIV
Auf zwei Probefahrten in der Friedrichstraße war der Gemeinsame Geh- und Radweg trotz vorhandener Pkw-Stellplätze durch Lieferverkehr bzw. ruhenden Verkehr streckenweise blockiert. Dies ist ein grundsätzliches Problem: wenn genügend Platz auf den Fuß- /Radwegen vorhanden ist, steigt die Neigung zum Beparken.

3.5 Sicherheitstrennstreifen

Haltestelle Quelle (viele Ausfahrten, kein Sicherheitstrennstreifen zur Fahrbahn)

Gänzlich fehlen Sicherheitstrennstreifen von 0,75 m zwischen den Gemeinsamen Geh- und Radwegen und der Fahrbahn, wie er in der ERA (2010, 28, bzw. Tabelle 9: Zusätzliche Sicherheitsstreifen bei baulich angelegten Radwegen (ERA 2010, 25)) vorgesehen ist. Sicherheitstrennstreifen sind auch zu Längsparkständen mit einer Breite von 0,75 m vorgesehen (ERA 2010, 16 Tabelle 5: Breitenmaße von Radverkehrsanlagen und Sicherheitstrennstreifen).

Haltestelle Hochschule Harz (fehlende Sicherheitstrennstreifen zu Längsparkständen)

Diese Empfehlung wird in der Friedrichstraße leider nicht verfolgt, mit der Konsequenz, dass Radfahrer nicht nur rechts auf Einfahrten schauen müssen, sondern gleichermaßen nach links wegen plötzlich sich öffnen der Türen, was ihn zusammengenommen regelrecht ausbremst.

4. Fahrkomfort stark gemindert
4.1. Achterbahn
Über die Hälfte der Breite des Gemeinsamen Geh- und Radweges sind gesenkte Grundstückseinfahrten für den querenden Ein- Ausfahrtsverkehr. Dies führt dazu, dass der Radfahrer, der mit Sicherheitsabstand zu diesen Ausfahrten/Einmündungen und Grundstücksbegrenzungen fahren will, eine unangenehme, wellenartige Achterbahn in Kauf nehmen muss.

Haltestelle Kindergarten (gegenüber abgesenkte Einfahrten)

Um das ständige Auf und Ab an den Grundstückseinfahrten zu vermeiden, wäre der Einsatz von Rampenbordsteinen am Straßenrand eine gute Lösung – damit muss nicht der gesamte Fuß- und Radweg abgesenkt werden – im Ergebnis wird der Fahrkomfort der Radfahrer erheblich erhöht (ERA 2010, 80, Abb. 88b Beispiele für die Ausbildung von Bordsteinabsenkungen an Rad-/Gehwegüberfahrten, bzw. ERA 2010, 25, Abb. 12 Ausbildung von straßenbegleitenden Radwegen im Bereich von Grundstückszufahrten).

Halle, Delitzscher Straße (Rampenbordstein)

4.2. Westerntor

Kreuzung Westerntor (Fußgängerüberweg – roter Kreis – und Vz. 240 – grüner Kreis)

Am Westerntor (am Ostende der Friedrichstraße) ist eine mit Lichtzeichen gesteuerte Fußgängerfurt über die B244 angelegt. Hier darf der Radfahrer nicht einmal langsam fahren – hier wird er gezwungen abzusteigen! In der Westernstraße, ca. 30 m weiter östlich wo es wirklich eng ist, darf man dem Verkehr entgegengesetzt auf dem mit Fußgängern belegten Gehweg fahren. Wieso der motorisierte Verkehr gleich zwei Spuren in Anspruch nimmt ist bei solcher Enge nicht nachvollziehbar. Und wieso es keine Radwegfurt über die B244 gibt, (nach kilometerlanger gemeinsamer Führung von Radfahrern und Fußgängern in der Friedrichstraße) ist ebenfalls nicht nachvollziehbar.

4.3. Vorfahrt
Obwohl entlang einer übergeordneten Landstraße (L100) geführt, muss man als Radfahrer den Gemeinsamen Geh- und Radweg benutzen und hat dadurch im Gegensatz zu einer Führung auf der Fahrbahn keine Vorfahrt, sondern muss an jeder Straßeneinmündung anhalten und sich umschauen.

Einmündung Kirchstraße (Sichtbehinderungen)

Alle verkehrswissenschaftlichen Untersuchungen zeigen, dass dadurch potentielle Unfallstellen entstehen. Die Ein- Ausfahrt von PKWs aus Grundstücken und Straßen ist eine Hauptunfallursache für Radverkehrsunfälle in Deutschland.

4.4. Bordsteinsenkungen

Einmündung „Am Eichberg“ (Bordsteinkante)

An den Straßeneinmündungen sind alle Bordsteinsenkungen des Gemeinsamen Geh- und Radwegs 3 cm hoch gebaut. Die Bordsteinkanten summieren sich bei vier Einmündungen stadtauswärts (24 cm) und vier Einmündungen stadteinwärts (24 cm) auf insgesamt 48 cm Unebenheiten – kein Wunder, dass die Radfahrer neidisch auf die glatte Fahrbahn sehen.

5. Resümee
Durch die gewählte Bauweise wird der Radfahrer ständig ausgebremst und regelrecht schikaniert – von einer Infrastruktur für das einundzwanzigste Jahrhundert ist hier nichts zu erkennen. Im Gegenteil: statt als gleichberechtigter Verkehrsteilnehmer akzeptiert zu werden, wird der Rad fahrende Bürger auf die Kriechspur geschickt.
Liebe Entscheidungsträger des Landes oder Landesbetriebs Bau und der Stadt Wernigerode – gleichberechtigte Radverkehrsanlagen, die die Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer berücksichtigen, sehen anders aus und sorgen für fließende und sichere Mobilität. Anstatt den Radverkehr voranzubringen und dadurch Schritte hin zu einem klimafreundlichen Verkehr mit hohen Rad- und Fußgängeranteilen zu gehen, wird der Radfahrer durch diese Förderpolitik regelwidrig von der Straße fern gehalten und mit Fußgängern in Konflikt gebracht. Der Radfahrer wird schikaniert, kann die Potentiale seines Gefährtes nicht ausnutzen und kommt nur langsam voran.
Wenn das Ziel von Anfang an gewesen wäre Fußgänger, Radfahrer und den motorisierten Verkehr gleichberechtigt zu behandeln, hätte die Friedrichstraße grundsätzlich anders gebaut werden müssen. Im Straßenquerschnitt wäre genug Platz vorhanden gewesen für einen Gehweg für Fußgänger und für zwei mit weißer Farbe auf der Fahrbahn markierte Radfahrstreifen.

6. Zwischenlösung
In der bestehenden Situation empfehlen sich die folgenden Maßnahmen:

6.1 Radwegebenutzungspflicht aufheben 
Da ein Rückbau dieser Anlage seitens des Bauamts aus finanziellen Gründen kaum zu verantworten ist, bleibt als Zwischenlösung nur, die Radwegbenutzungspflicht aufzuheben.

6.2 Beschilderung/Rechtslage ändern
Nach entsprechender Rechtsprüfung ist die Radwegbenutzungspflicht ganz einfach aufzuheben. Durch einen Schilderaustausch mit Vz. 239 „Gehweg“ plus Zusatzzeichen 1022-10 „Radfahrer frei“ statt Vz. 240 „Gemeinsamer Geh- und Radweg“ ist dies sehr kostengünstig umzusetzen. Die ERA (2010, 27) sieht bei der gemeinsamen Führung von Fußgängern und Radfahrern genau diese Lösung vor.
Bei einer Aufhebung der Benutzungspflicht durch das Zusatzzeichen 1022-10 können flotte Radfahrer (müssen nicht) legal die Straßenfahrbahn nutzen. Wer viel Zeit hat, oder sich, aus welchem Grund auch immer, sicherer auf dem Gehweg „Radfahrer frei“ fühlt und dort den Vorrang des Fußgängers beachtet, kann weiterhin dort fahren – wichtig ist, und dies muss betont werden, dass der Radfahrer die Wahl hat. Wahlfreiheit ist der Kern der Forderung der Abschaffung der Radwegbenutzungspflicht – eine Wahlfreiheit, die zwischen starken schnelleren Radfahrern, die vielleicht Termine erledigen müssen, und langsameren, möglicherweise gemütlicheren aber nicht unbedingt sichereren – Radfahrern, die weiterhin den Gehweg „Radfahrer frei“ wählen, differenziert.

6.3 Markierungen
Es wäre zu prüfen, ob separate Bewegungsräume für den Radfahrer auf der Fahrbahn zu gestalten sind. Eine Änderung der Straßenmarkierung durch die Entfernung der weißen Mittellinie – dadurch wird der Pkw-Verkehr vorsichtiger – und zwei Fahrrad Schutzstreifen (ERA 2010, 22) links und rechts an der Fahrbahn würde für mehr Sicherheit sorgen.

6.4 Tempo 30
Anhand einer Vielzahl von Anliegern: Amt für Jugend, Gesundheit und Soziales (Friedrichstraße 154), Grundschule „August Hermann Franke“ (Friedrichstraße 63), Kita „Villa Sonnenschein“, (Friedrichstraße 140), Hort „August-Hermann-Franke“ (Friedrichstraße 63), Diakonie Mitteldeutschland, Wohnheim für psychisch Behinderte (Friedrichstraße 104), Sportkomplex „August Hermann Franke“, (Friedrichstraße 63), Trendsporthalle Hochschule Harz (Friedrichstraße), Kreismusikschule Harz (Friedrichstraße 1a), Christuskirche (Friedrichstraße 62) und der Hochschule Harz sollte zusätzlich noch Tempo 30 in der Friedrichstraße angeordnet werden.

7. Nachwort
Obwohl die negative Auswirkung dieser Gestaltungsweise der Stadt ausführlich durch den örtlichen ADFC Ostharz vorgetragen wurde und trotz wiederholter Mahnung bei jedem Bauabschnitt, kommt diese Analyse der Informationsstelle Radverkehrsqualität für die Friedrichstraße in Wernigerode, wie jene für die Delitzscher Straße in Halle ( http://adfc-sachsen-anhalt.de/thema/politik /informationsstelle-radverkehrsqualitat/), leider zu spät.
Wir stellen diesen kritischen Bericht hiermit vor, um zu informieren – und in der Hoffnung, dass solche Fehler in den kommenden Jahren nicht wieder geplant und ausgeführt werden. Es wäre grundsätzlich sehr zu empfehlen, dass die Planung jeder Straße einem unabhängigen Straßenverkehrssicherheitsgutachten bzw. Verkehrssicherheitsaudit unterzogen wird.

Quellen:
Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Arbeitsgruppe Straßenentwurf. Köln, 2010, ISBN: 978-3-941790-63-6

Tiefbaumaßnahmen in Wernigerode 2011 (Stadtverwaltung Wernigerode)
http://www.wernigerode.de/de/oeffentliche-baumassnahmen_wr/tiefbaumassnahmen-2011-20012924.html (gelesen 09.10.2012)

Baukosten: ca. 4 Million Euro 
Verkehrsminister Webel: Friedrichstraße in Wernigerode wieder für Verkehr freigegeben, Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr – Pressemitteilung Nr.: 043/2012, Magdeburg, den 6. August 2012 (gelesen 24.10.2012)

Straßenverkehrszählung 2010
http://www.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Elementbibliothek/Bibliothek_Politik_und_Verwaltung/Bibliothek_MBV/PDF/Strasse/Bautechnik_Info/Service/Inte-Ergebnisse-aus-d.SVZ2010f.Landesstra%C3%9Fen.pdf

PM Daehre 2010
Bau- und Verkehrsminister Daehre: Mehr als 3,3 Millionen Euro für wichtige Vorhaben in Wernigerode, Ab Herbst: Grundhafte Sanierung der Friedrichstraße, Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr – Pressemitteilung Nr.: 146/10, 22.09.2010, http://www.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Elementbibliothek/Bibliothek_Politik_und_Verwaltung/Bibliothek_MBV/PDF/Aktuelles/2010/FoerdermWernig.pdf

PM Webel 2012
Verkehrsminister Webel: Friedrichstraße in Wernigerode wieder für Verkehr freigegeben Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr – Pressemitteilung Nr.: 043/2012, 06.08.2012. https://www.adfc-sachsenanhalt.de/wp-content//index.php?&cmd=get&id=855232&identifier=8b981a551628973f49a3884fbd270cc6

HVB Busfahrplan 2012-2013, Linien 1, 4 + 5
Linie 1: http://www.hvb-harz.de/images/stories/fppdf/1.pdf
Linie 4: http://www.hvb-harz.de/images/stories/fppdf/4.pdf
Linie 5: http://www.hvb-harz.de/images/stories/fppdf/5.pdf

Informationsstelle Radverkehrsqualität: IRQ 2012/02

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