Anlässlich seiner 23. Landesdelegiertenversammlung am 14. Sept. in Bernburg fordert der ADFC Sachsen-Anhalt die Landesregierung auf, die Bemühungen für einen sichereren und komfortableren Radverkehr zu intensivieren. 1.800 Magdeburger beim 3. FahrRad-Aktionstag am 21.09.2013 haben diese Forderung eindrucksvoll unterstützt und gezeigt, dass Sachsen-Anhalt ein Fahrradland ist.
3. FahrRad-Aktionstag, B71 Magdeburger Ring, Magdeburg 21.09.2013 (Foto: David Tucker)
1. Radverkehrsanlagen/ Straßenbau
Der ADFC hat sich die Qualität mehrerer neu gebauter Radverkehrsanlagen der vergangenen Jahre angeschaut.
Im Ergebnis haben sich gravierende Mängel gezeigt. Die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010) wurde in keinem Fall vollständig realisiert. Weder wurden die erforderlichen Radwegbreiten realisiert, noch fanden Details wie Nullabsenkung von Bordsteinen, direkte Führung des Radverkehrs an Kreuzungen usw. Beachtung.
Insbesondere hat der Landesbetrieb Bau bisher nicht die Vorgaben seiner Landesregierung beachtet. Ein aktuelles Beispiel ist der Bau der B100 in Bitterfeld-Wolfen. Hier wird ein nur ein m breiter Radweg vorgesehen, gepflasterte Borde und unangenehme Absenkungen vor den Grundstückseinfahrten komplettieren den radfahrunfreundlichen Gesamteindruck.
Es braucht einen Radverkehrsbeauftragten, der in unabhängiger Stellung auf die Straßenplanungen einwirken kann. Der ADFC ist gerne bereit sich mit seinem Projekt Beratungsstelle Radverkehrsqualität miteinzubringen http://adfc-sachsen-anhalt.de/thema/politik/informationsstelle-radverkehrsqualitat).
Auch eine Sicherheitszertifzierung der Straßenplanungen, wie sie im Landesverkehrssicherheitsbeirat derzeit diskutiert wird, hätte dazu geführt, dass zahlreiche Straßen nicht so gebaut worden wären, wie sie gebaut wurden. In der Folge hätten Unfälle vermieden werden können.
2. Umsetzung der StVO in den Verkehrsbehörden
Der überwiegende Teil der Radwegebenutzungspflichten in Sachsen-Anhalt ist, gemessen an den rechtlichen Vorgaben der VO-StVO und der ERA 2010, rechtswidrig. Vielerorts werden zu schmale, baulich unzulänglich Radwege benutzungspflichtig gehalten. Der ADFC sieht das Potential den Schilderwald um Tausende von Schildern zu reduzieren. Die Verkehrsbehörden in Sachsen-Anhalt verweigern (Ausnahmen bestätigen die Regel) sich bisher gegenüber der langjährigen Rechtsprechung und allen verkehrswissenschaftlichen Erkenntnissen. Schulungsmaßnahmen wie sie in diesem Jahr seitens der Landesregierung begonnen wurden, sind deshalb zu begrüßen. Große Potentiale zur Verbesserung der Verkehrssicherheit sieht der ADFC aber auch bei der Ausweisung von Fahrradstraßen und Schutzstreifen, der Öffnung von Einbahnstraßen und verbesserten Verkehrsführungen an Knotenpunkten. Das Ganze muss begleitet werden von einer Öffentlichkeitsarbeit, die den Verkehrsteilnehmern diese Verkehrsregelungen erklärt.
3. Radtourismus
Es zeigen sich erhebliche Defizite bei dem Wegemanagement, der Beschilderung, der Ausbesserung von Wegeschäden an den touristischen Radfernwegen, der Qualität des digitalen Radroutenplaners und bei der Vermarktung des Radtourismus in Sachsen-Anhalt.
Saaleradweg bei Plötzkau (Foto: Volker Preibisch 15.09.2013)
Der Ausbau des Radwegenetzes erfolgt sporadisch und lückenhaft. Ausnahmen wie der Burgenlandkreis bestätigen die Regel. Andere Landkreise zeigen z. B. seit Jahren keine erkennbaren Aktivitäten und kommen in keinerlei Weise, der im Nationalen Radverkehrsplan (NRVP) geforderten Koordinierungsfunktion der Landkreise nach.
Die Koordinierungsstellen für die 14 Radfernwege des Landes sind zahnlose Instrumente ohne Zuständigkeiten und Ressourcen. Im Ergebnis ist das Land S.-A. auf den vorletzten Platz bei der jährlichen Radreiseanalyse von ADFC und Bundesministerium für Wirtschaft (BMWI) zurückgefallen.
Das Land, als Radreisedestination in der Mitte Deutschlands mit für den Radtourismus in besonderer Weise geeigneter Topographie, Natur und Kultur vergibt damit erhebliche wirtschaftliche Chancen.
Der ADFC fordert hier ein stärkeres Engagement des Landes bei dem Beschilderung- und Wegemanagement, positive Beispiele könnten die Bundesländer Thüringen und Brandenburg sein.
Der Wiederaufbau der durch das Hochwasser zerstörten Radwege muss umgehend und hochwasserfest erfolgen. Zahlreiche wirtschaftliche Existenzen in der Gastronomie, darunter 154 fahrradfreundliche Bett+Bike Betriebe in Sachsen-Anhalt, sind davon abhängig.
4. Umsetzung der Landesbauordnung.
Radabstellanlagen fehlen an verschiedensten Stellen in S.-A. und stellen auch angesichts steigender Fahrraddiebstahlszahlen in S.-A. ein großes Hindernis für die Ausweitung des Radverkehrs dar.
Zum 1. Sept ist die neue Landesbauordnung in Kraft getreten. Ein wichtiger erster Schritt für mehr und bessere Abstellanlagen und damit auch für die Diebstahlprävention. Damit können Kommunen wieder Radabstellanlagensatzungen beschließen. Hier wünscht sich der ADFC eine Initiative des Landes um den ca. 200 Kommunen eine Mustersatzung zu empfehlen bzw. mit gutem Beispiel voran zu gehen. Förderprogramme können helfen den großen Bedarf aufzuarbeiten.
5. Städtenetzwerk
Der ADFC begrüßt die Bemühungen des Ministeriums für Verkehr eine Städtenetzwerk fahrradfreundliche Kommunen in Leben zu rufen. Allerdings muss dies auch seitens des Ministers oder Staatssekretärs mit den oberen Verwaltungsspitzen der Kommunen und Landkreis verabredet werden. Es müssen Mittel für eine Koordinierung bereitgestellt werden und letztlich bindende Beschlüsse in den Kommunalparlamenten gefasst werden. In der Landesverwaltung muss ein Radverkehrsbeauftragter als Ansprechpartner benannt werden.
3. FahrRad-Aktionstag, Walther-Rathenau-Straße, Magdeburg 21.09.2013 (Foto: David Tucker)